Unsere Heldin Andrea Türk

Mein Name ist Andrea Türk und ich wurde 1966 in Krefeld geboren.

Ich bin die Jüngste von vier Geschwistern, also quasi das Küken. Meine drei älteren Geschwister haben Abitur gemacht und studiert, aber für mich war klar, dass ich etwas mit meinen Händen arbeiten wollte, deswegen habe ich nur einen Realschulabschluss. Ich habe eine Ausbildung zur Damenschneiderin gemacht und danach ein Jahr in meinem Ausbildungsbetrieb als Gesellin gearbeitet. Mein Chef war ein superlieber Mensch und ich hätte vielleicht irgendwann den Betrieb übernommen, aber ich war 22 Jahre alt und dachte, dass das noch nicht alles gewesen sein kann. Ich wollte noch ein bisschen mehr von der Welt sehen und wissen. Also habe ich gekündigt und verschiedene Jobs gemacht, z.B.  in einer Änderungsschneiderei, einer Landschaftsgärtnerei und auf Weihnachts- und Kunsthandwerkermärkten. Ich habe auch noch eine Tischlerlehre gemacht, die ich aber nach 2 von 3 Jahren beendet habe.

Danach habe ich mir einen Marktstand gebaut und war als Tuchhändlerin auf Mittelaltermärken in ganz Deutschland unterwegs. Dort habe ich historische Kleidung aus Leinenstoffen genäht und verkauft.

Auf diesen Märkten habe ich meinen Exmann kennengelernt und bin 1995 nach Bremerhaven gekommen. Da fing meine Musikkarriere an. Ich hatte mit 18 Jahren schon in einer Band gesungen. Als ich dann hier in den Norden gekommen bin, habe ich klassischen Gesangsunterricht genommen. Meine Lehrerin, eine Opernsängerin, förderte mich und wollte eine Opernsängerin aus mir machen. Aber ich wollte mich nicht auf einen Musikstil festlegen.

Ich fing dann an auf Hochzeiten, bei Beerdigungen und zu festlichen Anlässen zu singen, ging in einen Chor und sang auch in verschiedenen Bands. In einer kleinen Musikschule bot ich zunächst autodidaktisch Gesangsunterricht für Kinder und Jugendliche an, wollte mich dann noch weiterbilden und entdeckte die „Complete Vocal Technique“, eine Gesangstechnik aus Dänemark, die mich faszinierte und die ich in Amsterdam erlernte. Seit 2015 bin ich zertifizierte CVT-Sängerin und unterrichte nach dieser Technik, die für alle Musikstile geeignet ist. Ich gebe auch Kurse in der VHS Bremerhaven. Im Januar 2020 habe ich in Berlin eine Fortbildung zur Musikgeragogin abgeschlossen und wollte mit alten und dementiell erkrankten Menschen in Pflegeheimen arbeiten - leider kam dann Corona ...

Anfang der 2000er Jahre sind meine beiden Söhne geboren, die inzwischen auch Musik machen.

Gerade habe ich mit einem Bremer Gitarristen ein neues Programm erarbeitet – „Brot und Rosen – Arbeiterinnenlieder seit der Jahrhundertwende“. Wir geben im November Konzerte in Bremen und Beverstedt. Bis zum Spätsommer haben wir viele Konzerte mit unserem Friedensliederprogramm gegeben und damit auch Demonstrationen unterstützt und Spenden gesammelt. Seit 5 Jahren veranstalte ich in unserem Garten ein Mini-Musik-Festival. Das kostet keinen Eintritt, sondern wir lassen einen Hut rumgehen. Jede:r gibt, was sie/er kann, weil ich möchte, dass sich jede:r Kultur leisten kann. Bisher hat das immer gut geklappt.

Ich versuche, mit der Musik meinen Lebensunterhalt zu finanzieren, das ist gerade zu Coronazeiten natürlich sehr schwer. Zu einem unserer Konzerte kamen z.B. nur 8 Besucher:innen - aber diese Menschen waren berührt, manche kamen anschließend zu mir und umarmten mich. Solche Momente sind mir eigentlich wichtiger und wertvoller als Geld, sie sind ein Geschenk für mich. Trotzdem ist es natürlich wichtig, dass ich auch finanzielle Wertschätzung bekomme. Seit einem Jahr arbeite ich zusätzlich an zwei Tagen in der Woche in einer Schulmensa, um wenigstens einen kleinen monatlichen Betrag zuverlässig auf meinem Konto zu haben.

Im November 2018 habe ich auf Facebook die Gruppe „Omas gegen Rechts Bremerhaven und Umzu“ gegründet und wir hatten im Januar 2019 unser erstes Treffen in der Quartiersmeisterei in der Alten Bürger. Ich war überwältigt davon, dass 20 Frauen zu dem Treffen gekommen sind. Wir sind eine buntgemischte Gruppe aus den unterschiedlichsten Bereichen. Im Februar 2019 habe ich mit ca. 10 weiteren Frauen auf Facebook die „OMAS GEGEN RECHTS Deutschland-Bündnis“ gegründet. Wir sind bundesweit sehr gut vernetzt und es gibt inzwischen sehr viele Regionalgruppen in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Eine meiner persönlichen Heldinnen ist Alea Horst. Sie ist eine tolle und sehr engagierte Fotografin, die sich u.a. für die Kinder in den Flüchtlingscamps auf Lesbos einsetzt. Im Februar hat sie dazu ein Buch herausgebracht - „Manchmal male ich ein Haus für uns“. Um sie und ihren Verein zu unterstützen habe ich mit zwei Freunden und meinem Sohn ein Video gemacht. Wir haben „Fragile“ von Sting neu arrangiert und das Lied mit Fotos von Alea und dem Fotografen Günter Zint unterlegt. Das Video kann man auf meinem Youtube Kanal sehen. https://youtu.be/NJt_GA1keng  

Das Leben ist so kostbar, vielfältig und bunt – wir sollten es wertschätzen und niemals aufhören, neugierig zu sein. Mein Lebensmotto lautet deshalb: Lebe, Liebe, Lache und Lerne!

 

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